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Mit neuen Regelungen durch die Corona- und Energiekrisen

Pandemie und Energiekrise wirken sich auch auf den Arbeitsalltag in Deutschland aus. Um möglichst gut durch Herbst und Winter zu kommen, hat der Gesetzgeber eine Reihe von Verordnungen erlassen, die auch für die Arbeit der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) von Bedeutung sind. Welche das sind und wo ihr ausführliche Informationen dazu findet, erfahrt ihr hier.

Corona ist noch nicht vorbei. Die das Infektionsgeschehen aktuell bestimmende Omikronvariante BA5 hat bereits im Sommer für erhöhte Ansteckungszahlen gesorgt. Expert*innen rechnen damit, dass die Zahlen in der nun bevorstehenden kühleren Jahreszeit noch einmal deutlich steigen. Damit Betriebsräte und JAVen trotzdem weiter arbeitsfähig sind, dürfen Jugend- und Auszubildendenversammlungen (JA-Versammlungen) ebenso wie Betriebsversammlungen und Sitzungen der Einigungsstelle über den Winter wieder in digitaler Form abgehalten werden.

Bis zum 7. April 2023 räumt der Gesetzgeber euch durch eine Sonderregelung im Betriebsverfassungsgesetz (§ 129 BetrVG) mit dem „Gesetz zur Stärkung des Schutzes der Bevölkerung und insbesondere vulnerabler Personengruppen vor COVID-19“ nun auch noch einmal die Möglichkeit ein, eure JA-Versammlungen – wie schon im vergangenen Winter – wieder als Video- oder Telefonkonferenz durchzuführen.

Arbeitsschutz
Um Ansteckungen im Betrieb oder in der Dienststelle möglichst zu vermeiden, hat der Gesetzgeber außerdem eine „Neufassung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung“ auf den Weg gebracht. Sie gilt seit dem 1. Oktober und tritt mit Ablauf des 7. April wieder außer Kraft.

Das Gesetz sieht vor, dass Arbeitgeber Corona-Schutzmaßnahmen in ihrem betrieblichen Hygienekonzept festlegen und umsetzen. Dazu gehören zum Beispiel die Umsetzung der AHA+L-Regel (Abstand halten, Hygiene beachten, im Alltag Maske tragen und regelmäßiges Lüften), die Bereitstellung von Testangeboten für alle in Präsenz Beschäftigten oder die Einschränkung der betriebsbedingten Personenkontakte, zum Beispiel durch eine Reduzierung der gleichzeitigen Nutzung von Arbeits- oder Aufenthaltsräumen. Überall dort, wo technische und organisatorische Maßnahmen zum Infektionsschutz allein nicht ausreichen, gilt bis zum 7. April 2023 zudem eine Maskenpflicht.

Welche Maßnahmen wie umgesetzt werden, ist mitbestimmungspflichtig. Betriebsräte (§ 87 Abs. 1 Ziff. 7 BetrVG) und Personalräte (§ 80 Abs. 1 Nr. 16 BPersVG) haben bei Maßnahmen für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz (§ 3 ArbSchG) ein Initiativrecht. Wenn der Arbeitgeber nicht aktiv wird, sind die Betriebs- und Personalräte verpflichtet, dieses Initiativrecht zu nutzen. JAVen können und sollten sich in Bezug auf den Gesundheitsschutz der zur Berufsausbildung Beschäftigten einbringen und in diesen Fragen eng mit den Betriebs- und Personalräten zusammenarbeiten.

Eine Homeoffice-Pflicht gibt es in der Neufassung der Verordnung allerdings nicht mehr. Es soll jedoch laut Verordnung geprüft werden, ob Beschäftigten angeboten werden kann, Tätigkeiten von zu Hause auszuführen, wenn dem „keine betrieblichen Gründe entgegenstehen“.

Führt der Arbeitgeber trotzdem Homeoffice ein, haben Betriebs- und Personalräte ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht. Sollen beispielsweise Auszubildende in die mobile Ausbildung, ist die JAV gefragt, gemeinsam mit den Betriebs- oder Personalräten aktiv zu werden, das Vorhaben zu prüfen und zum Beispiel durch eine Betriebs- oder Dienstvereinbarung mitzugestalten.

Homeoffice kann übrigens nicht einseitig angewiesen werden, auch nicht durch Betriebs- oder Dienstvereinbarungen. Ausnahmen bilden lediglich Regelungen im Arbeitsvertrag. Grundsätzlich gilt aber das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung, auch für Auszubildende und dual Studierende.

Jetzt gesetzlich geregelt: Urlaub in Quarantäne
Gesetzlich geklärt ist nun auch die lange strittige Frage, wie mit Urlaubstagen umzugehen ist, wenn Auszubildende oder Beschäftigte während ihres Urlaubs in Quarantäne sind. Darüber hatte es in der Vergangenheit immer wieder Streitigkeiten gegeben. Etliche Arbeitsgerichte hatten entschieden, dass in Quarantäne verbrachte Urlaubstage den Beschäftigten nicht gutzuschreiben seien, was für einigen Unmut gesorgt hatte. Das Bundesarbeitsgericht hatte diese Frage unlängst dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Entscheidung vorgelegt. Die steht zwar bislang noch aus, die Bundesregierung löst dieses Problem nun jedoch durch die Neuregelung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) zum 1. Oktober 2022. § 59 IfSG legt fest, dass die „Tage der Absonderung nicht auf den Jahresurlaub angerechnet werden“.

Die neu geregelte Wiedergutschrift der Urlaubstage gilt allerdings nur für zukünftige Quarantäne-Anordnungen, nicht jedoch rückwirkend. Das bedeutet: Alle seit 2020 von Quarantäne betroffenen Beschäftigten profitieren von dieser Regelung erst einmal nicht. Sie müssen weiter auf eine diesbezügliche Entscheidung des EuGH in Luxemburg hoffen.

EnSikuMaV?
Als wäre die Welt durch Corona nicht schon kompliziert genug, hat der russische Angriffskrieg auf die Ukraine nun auch noch – neben vielen anderen Problemen – für eine Energiekrise gesorgt. Die wirkt sich nicht nur unmittelbar auf den Geldbeutel von Auszubildenden, dual Studierenden und Beschäftigten aus, weil Abschlagszahlungen für Heizkosten exorbitant steigen oder der volle Tank deutlich teurer geworden ist, sondern gefährdet auch die Energieversorgung in Deutschland.

Um Energie einzusparen, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz für sechs Monate die sogenannte Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung (EnSikuMaV) auf den Weg gebracht. Die Verordnung mit dem langen Namen soll helfen, im Zeitraum vom 1. September 2022 bis 28. Februar 2023 Energie einzusparen, um eine Mangelsituation zu vermeiden.

Die EnSikuMaV regelt unter anderem die Lufttemperatur in Arbeitsräumen, sowohl in öffentlichen als auch in nichtöffentlichen Gebäuden. So werden die in der Arbeitsstättenverordnung fixierten Mindestwerte für Lufttemperaturen vorübergehend um je ein Grad abgesenkt, beispielsweise von 20 Grad Celsius auf 19 Grad für leichte Tätigkeiten im Sitzen wie in Büroräumen. Der Mindestwert für körperlich schwere Tätigkeiten bleibt dagegen bestehen.

Öffentliche Arbeitgeber sind nach EnSikuMaV verpflichtet, die Mindest- wie Höchsttemperatur so genau wie möglich einzuhalten. Gemeinschafts- und Durchgangsflächen in öffentlichen Gebäuden – Treppenhäuser, Flure, Eingangshallen, oder Lager- und Technikräume –, die nicht dem Aufenthalt von Personen dienen, dürfen bis zum 28. Februar 2023 nicht mehr beheizt werden. Und in Geschäftsräumen des Einzelhandels sind Ladentüren und Eingangssysteme geschlossen zu halten, um einen Verlust von Heizwärme zu vermeiden.

Detaillierte Informationen, welche Höchst- und Mindestwerte für Lufttemperaturen in Arbeitsräumen nach EnSikuMaV gelten, welche Ausnahmeregelungen es zum Beispiel für medizinische Einrichtungen, Schulen oder Kitas und Gemeinschaftsflächen es gibt, deren Substanz durch Nichtbeheizung gefährdet sind, oder welche Regelungen zur Raumluftqualität und -hygiene außerdem gelten, findet ihr hier und Infos für die Regelungen im öffentlichen Dienst bietet der Podcast “der Personalrat“.

Betriebs- und Personalräte sollten ihr Recht auf Mitbestimmung z.B. bei der Zuordnung der Arbeitsplätze zu den Temperaturbereichen oder auch dem Gesundheitsschutz nutzen. Gibt es beispielsweise Ausbildungswerkstätten oder Faktoren die bei den Auszubildenden, dual Studierenden oder Anwärter*innen zu berücksichtigen sind, sollte sich die JAV auf jeden Fall mit einschalten.

Ihr wollt noch mehr wissen?
Weitere spannende Informationen findet ihr im Newsletter Mitbestimmung von ver.di.
Habt ihr Fragen zur Umsetzung der Maßnahmen, zum Thema Betriebs- oder Dienstvereinbarungen oder wollt euch zu einem bestimmten Thema weiterbilden? Sprecht die ver.di-Jugendsekretär*innen vor Ort an.

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